Ein Hort sinnloser Worte sind Talkshows zur Klimakrise. Die meiste Zeit wird etwas diskutiert, das per se nicht besprochen werden kann. Die Tatsachen der Klimaphysik und die nachweislich ungenügende politische Reaktion darauf werden debattiert, als gäbe es hier etwas zu verhandeln. In der übrigen Zeit vermischen sich berechtigte und interessante Aspekte auf dieser Grundlage so, dass ein heilloses Durcheinander entsteht.
Vertreterinnen und Vertreter der Klimabewegung werden so behandelt und positioniert, als verträten sie eine der möglichen Meinungen. Und sie lassen sich oft in diese Nische drängen.
„Mit der Physik kann man nicht diskutieren“ ist einer der wichtigsten Sätze, die die letzten Jahre hervorgebracht haben.
Viel zu viele Worte gibt es generell in unseren Köpfen. Zuweilen sind es hochintelligente, komplizierte Gedankengänge, die wir da entwerfen. Sie dienen allzu häufig dazu, uns selbst davon zu überzeugen: alles halb so schlimm!
Worte und Tatsachen sind nur elektrische Impulse. Das Entscheidende ist, welche Bedeutung wir ihnen verleihen. In diesem Fall: ob wir die unerwünschte Bedeutung an uns heranlassen oder nicht. Ob wir die Krise an uns persönlich herantreten lassen oder wie Außenstehende behandeln. Die allermeisten Politiker:innen-Sätze erklären sich nur so. Sie werden vor dem Hintergrund gesprochen, dass die Sprecherinnen und Sprecher selbst außen vor bleiben. Es wirkt so, als lebten sie auf einem anderen Planeten. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass das gar nicht mehr auffällt.
Jene Worte, die wirken, stehen meist in einem Kontext. Häufig sind sie mit Taten verbunden – aber nicht immer. Greta Thunbergs berühmtes Holzschild „Schulstreik fürs Klima“ wirkte dadurch, dass sie es vor dem schwedischen Parlament ausstellte, während sie eigentlich in der Schule sein sollte.
„Nazi, Nazi, Nazi“ schmetterte Beate Klarsfeld 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf offener Bühne entgegen – und begleitete ihren Ausruf mit einer Ohrfeige.
Joschka Fischers
„Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“ ging in die Geschichte ein, weil er die ordinäre Beschimpfung in Hochsprache einkleidete. Wir sehen hier, dass es nicht immer Taten braucht, um Worte besonders zu machen.
Ein weiteres Beispiel dafür ist der berühmte Satz John F. Kennedys
„Ich bin ein Berliner“. Der US-Präsident war im Kalten Krieg zur Unterstützung der Einwohnerinnen und Einwohner West-Berlins in die damals isolierte Stadt gekommen, um seine Unterstützung zu signalisieren. Der in Deutsch gesprochene Satz inmitten der englischsprachigen Rede stach heraus.
Auch die Briefe an Olaf Scholz haben einen besonderen Kontext. Berühmte Worte der Geschichte sind häufig von einer Person auf der Bühne vorgetragen worden. Hier sind alle beteiligt und steuern ihre persönliche Perspektive bei.
Entsprechend des Grundproblems der Klimakrise verbindet die Wortblockade die ganz private Situation des weitgehend machtlosen Menschen mit der großen Politik.
Und: ganz bewusst „naiv“ hebt die Wortblockade mit der Ansprache von Olaf Scholz darauf ab, dass wir alle Menschen sind und die Klimakrise menschengemacht ist. Und also auch von uns gelöst bzw. abgemildert werden kann und muss.