Das Projekt #BitteAnOlaf fragt im Rahmen der Klimapolitik-Kampagne #Wortblockade unter anderem danach, was Menschen persönlich gegen die Klimakrise tun. Immer nur auf andere zu zeigen („Aber die Chines:innen …“) sollte der Vergangenheit angehören, so die Idee. Voraussetzung für die Teilnahme ist es aber keineswegs, privat vorzulegen.
So wäre auch beispielsweise folgende Antwort möglich: „Die Politik sollte sich bewegen!“. Oder auch: „Ich lebe privat wie ich mag, aber engagiere mich politisch. Darin liegt der größere Hebel!“ Wer derlei schriebe, hätte die Fakten auf seiner Seite. Der Footprint-Rechner wurde populär, nachdem sich der Mineralölkonzern BP mit einer Werbeagentur beraten hat (vgl.). Die Fragestellung des Mineralölkonzerns BP war: wie lenken wir am besten von den eigenen Geschäften ab und verlagern die Auseinandersetzung ums Klima ins Private?
Hinzu kommt: In einem Industrieland wie Deutschland sind die Mittel einzelner Menschen begrenzt. So konnten in einem Feldversuch Berlinerinnen und Berliner trotz hoher eigener Ambitionen und wissenschaftlicher Hilfestellung ihren persönlichen CO2e-Abdruck auf lediglich 7,8 t drücken. Der Grund: allein die öffentlichen Strukturen eines reichen Industrielandes wie Deutschland belasten das persönliche Konto jedes hier lebenden Menschen erheblich.
Die Teilnehmer:innen bei der Wortblockade scheuten indessen nicht davor zurück, ihren eigenen Lebensstil der existentiellen Krise entsprechend anzupassen! Viele fliegen nicht mehr, fahren kein Auto, essen kein Fleisch mehr. So auch Judith Blättler, Studentin der Agrarwissenschaften, die sich zudem politisch engagiert:
Die IT-Projektleiterin und Fleischliebhaberin Birgit hat ihr Verhalten umgestellt - obwohl das keineswegs ihren persönlichen Vorlieben entspricht:
Die Zweifel, die sie am Schluss ihres Statements äußert, ob ihre persönlichen Konsequenzen überhaupt etwas bringen, sind leider berechtigt: wenn die Politik sich nicht bewegt, haben wir keine Chance!
Einige der Antworten auf die Frage, wie es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit der Klimakrise geht, dürften die meisten, die sie lesen, heftig durchrütteln. So zum Beispiel die nüchternen Worte von Ben. Obwohl er erst 21-Jahre alt ist, engagiert er sich schon seit einigen Jahren für Klimagerechtigkeit. Heute schreibt er darüber, dass seine Hoffnung schwindet, welche drastischen Schlüsse er privat zieht und worüber er trauert:
Kaum zu ertragen sind auch die Schilderungen der Eltern, die sich um ihre Kinder und Enkel sorgen. So zum Beispiel eine junge Mutter, die versucht, ihren 8-Monate alten Sohn zu schützen, wie es jede Mutter versuchen würde. Doch in Sachen Klimakrise sind ihr durch die weithin ungenügende Politik die Hände gebunden.
Schwer erträglich ist auch das Beispiel von Dr. Ingo Kerkamm. Der Geo-Wissenschaftler und Vater von vier Kindern engagiert sich selbst maximal. Sowohl per Anpassung des Lebensstils, als auch politisch. Wenn man seine Wort liest, möchte man Herrn Scholz fragen: "Hören Sie diese Menschen rufen?"
Einen erschreckenden Rückblick auf die untätige Politik der letzten Jahrzehnte wirft auch der Physiker Dr. Hartmut Voigt. Er sagt, vor allem der Klimawandel, den er seit 1985 kommen sah, habe ihn sehr belastet. Heute hat er zwei Enkel, um deren Zukunft ihm "Angst und Bange" ist, wie er schreibt:
Das Dramatische ist: ein rationaler Blick auf die Klimaphysik und die weltweite Klimapolitik können die Mütter und Väter nicht beruhigen. Ganz im Gegenteil: Je stärker man die Ratio einbezieht und die wissenschaftlichen Fakten sichtet, desto trüber werden die Aussichten!
Ein Diplompsychologe und Psychotherapeut benutzt dafür den Begriff „Realangst“. Er wirft bereits jetzt einen Blick darauf, wie es vermutlich in Zukunft in den psychotherapeutischen Praxen der Republik aussehen wird:
Was fordern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Olaf Scholz? Die Kampagne versteht sich auch als Demokratie-Update. Sowohl, indem sie Menschen ermuntert und empowert, sich direkt an den mächtigsten Politiker im Staat zu wenden. Als auch, indem sie keine konkreten Forderungen vorgibt (wie z.B. bei Petitionen). Es wird "nur" generell eine „politische Zeitenwende fürs Klima“ verlangt – denn dies ist schlicht die Dimension, die es jetzt braucht, nachdem adäquate Maßnahmen über Jahrzehnte hin ausgeblieben sind.
Neben einzelnen umgrenzten Forderungen werden auch allgemeine Vorstellungen geäußert (beispielsweise eine Politik, die sich konsequent an einem fairen CO2-Restbudget ausrichtet). Im folgenden Beispiel richtet die Designerin Nico die Bitte an Olaf Scholz, die "Wahrheit ganz klar auszusprechen", um dann konkrete Forderungen wie die Einführung des Tempolimits anzufügen:
Das Besondere an der klimapolitischen Kampagne "Wortblockade" drückt sich in einer Formulierung der Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Mutter Jessica Meininger aus. Nachdem sie ihre Forderungen jeweils mit Ausrufezeichen versieht, endet sie aufmunternd und freundlich: „Wir vertrauen Ihnen, bitte nutzen Sie das! Vielen Dank.“